Bestes Kundenerlebnis auch in der Kommunikation rechtlicher Themen

Im Chat mit Juliette Hotz, Data Governance Swisscom

Jlona: 

Juliette, du warst (unter anderem) für das Projekt zur Umsetzung des neuen Datenschutzgesetzes bei Swisscom im Lead. Wie viele andere auch, habt ihr eure Datenschutzerklärung im Hinblick auf das Inkrafttreten des DSG überarbeitet. Warum habt ihr euch die Mühe gemacht, sie auch noch komplett neu zu gestalten?

Juliette:

Natürlich ging es bei der Überarbeitung um die Erfüllung der erweiterten gesetzlichen Informationspflichten. Wir sind aber der Überzeugung, dass unser Leitsatz „bestes Kundenerlebnis“ in der Kommunikation rechtlicher Inhalte genauso gelten muss, wie bei der Gestaltung unserer Produkte, Services und Infrastruktur.

Wir sind der Überzeugung, dass unser Leitsatz «bestes Kundenerlebnis» in der Kommunikation rechtlicher Inhalte genauso gelten muss, wie bei der Gestaltung unserer Produkte, Services und Infrastruktur.

Wir haben unsere Kund:innen und ihre Bedürfnisse im Fokus und wollen mit einem innovativen Ansatz mehr Transparenz für sie schaffen.  

Hinzu kam, dass in unseren Produkt- und Vertragsdokumenten allerlei Datenschutzthemen verpackt waren, die sich über die Jahre in unterschiedlichster Qualität und Tiefe weiterentwickelt haben. Weder für uns noch für unsere Kunden war das eine gute Lösung. 

Jlona:

Dieses Ziel haben wohl die meisten Unternehmen, aber wie habt ihr das konkret angepackt?

Juliette:

Zunächst haben wir alles zusammengetragen, was irgendwo zum Thema Datenschutz stand. Das waren über 80 Seiten recht inkonsistenter Wordings und Informationen. Dann haben wir uns in einem nächsten Schritt Gedanken dazu gemacht, wie wir diese Inhalte so aufbereiten könnten, dass sie für unsere Kund:innen zugänglich werden.

Wir haben einen Prototyp entwickelt, bei dem wir den Kund:innen mehrere «Einflugschneisen» angeboten haben; von den Core Services über bestimmte Datenkategorien bis zu den verschiedenen Bearbeitungszwecken. Alles miteinander verlinkt und von jedem Punkt aus zugänglich.

Diesen Prototyp haben wir in qualitativen Interviews mit Usern getestet. Das Fazit lautete: «Gut gemeint – aber doch daneben». Da haben alle erst einmal leer geschluckt.

Unsere – gut gemeinte – Absicht, verschiedene Zugangswege zur Verfügung zu stellen, führte zu Verwirrung. Die Kund:innen verloren die Übersicht und konnten die Informationen nicht einordnen. Wir konnten auch kein klares Muster erkennen, welche Themen sie besonders interessieren.    

Wir haben deshalb das erste Konzept fallen lassen und uns nochmals grundsätzlich mit den Ansätzen zu einer einfachen und verständlichen Vermittlung komplexer Inhalte auseinandergesetzt. Daraus ist ein komplett neues und reduziertes Konzept entstanden, das dem heutigen Dashboard zugrunde liegt. 

Jlona: 

Was waren die wesentlichsten Erkenntnisse aus den User-Tests, die das Datenschutz-Dashboard geprägt haben?

Juliette:

Viele, aber für mich waren die drei wesentlichsten:

  • Die Menschen suchen auf unserer Webseite keine Unterhaltung; bzw. wenn doch, dann bestimmt nicht auf der Datenschutzseite.
  • Die Bedürfnisse der Menschen sind unterschiedlich und können sich auch ändern. Statt «hot Topics» erahnen zu wollen, muss eine klare Struktur geschaffen werden, die es Menschen erlaubt, selbst Schwerpunkte zu setzen und zielgerichtet Informationen über die wesentlichen Punkte zu erhalten.
  • Die Menschen halten Datenschutz für wichtig, aber nur wenige wollen sich vertieft damit auseinandersetzen, respektive nehmen sich die Zeit, Datenschutzerklärungen zu lesen. D.h. die Inhalte müssen auf das Wesentliche beschränkt werden und doch einen hohen Informationsgehalt aufweisen. Es hat sich gezeigt, dass konkrete Beispiele hierbei unerlässlich sind.

Jlona: 

Und was waren eure grössten Herausforderungen im Projekt?

Juliette:

Das Konzept für das Datenschutz-Dashboard hatten wir – dank deiner grossartigen Unterstützung – eigentlich recht schnell. Die Knochenarbeit lag im Zusammenführen der bisherigen und neu zu erstellenden Inhalte. Insbesondere die Erarbeitung der Beispiele zur Konkretisierung der Datenarten, Verwendungszwecke, Herkunft etc. war eine grosse Herausforderung. Ein interdisziplinäres Team hat viel Aufwand betrieben, um die Abdeckung unserer gesamten Produktpalette sicher zu stellen. Danach kam das Feilen an den eigentlichen Formulierungen.

Technisch standen wir natürlich auch vor einigen Herausforderungen. Wir mussten unser Konzept und unsere Ideen im bestehenden CMS und mit Standard UX Elementen umsetzen. Da waren manchmal gewisse Kompromisse notwendig, wir mussten in Alternativen denken oder auch einfach etwas hartnäckig bleiben 😉.

Jlona:

Kannst du heute bereits ein Fazit ziehen? Habt ihr eure Ziele erreicht?

Juliette: 

Menschen mit Datenschutzerklärungen zu begeistern, ist enorm anspruchsvoll. Wenn unsere Kund:innen die für sie relevanten Informationen über die Verwendung ihrer Daten schnell und einfach finden und verstehen, löst das in der Regel keinen WOW Effekt aus. Das wird – berechtigterweise – als Selbsverständlichkeit erwartet.

Wenn unsere Kund:innen die für sie relevanten Informationen über die Verwendung ihrer Daten schnell und einfach finden und verstehen, löst das in der Regel keinen WOW Effekt aus.  Das wird – berechtigterweise – als Selbstverständlichkeit erwartet.

Sehr positive Feedbacks haben wir bisher vor allem von Jurist:innen und Datenschutzexpert:innen erhalten – wohl weil sie die heutigen Standards kennen und den direkten Vergleich dazu machen. Im Übrigen wird sich wohl erst mit der Zeit zeigen, wieviele Fragen offenbleiben, welche Informationsbedürfnisse wir noch abdecken oder wo wir noch klarer werden müssen. Wir werden laufend dazu lernen und unsere Lösung weiterentwickeln. Aber den ersten grossen Schritt haben wir gemacht. 

Jlona: 

Grossartig! Ihr habt die Messlatte wirklich hoch gesetzt. Hast du auch persönlich in diesem Projekt Erfahrungen gemacht, welche du mitnimmst?

Juliette:

Ja, auf jeden Fall. Ich setze die Kundenperspektive bei der Kommunikation rechtlicher Inhalte nun noch viel mehr in den Vordergrund: «Verstehen das unsere Kund:innen?» «Lässt sich diese Kernaussage weiter reduzieren, ohne an Gehalt zu verlieren?» Trotzdem ertappe ich mich immer wieder dabei, in die alten und in vielen Jahren Juristerei antrainierten Denk- und Sprachmuster zurückzufallen. Aber immerhin merke ich es jetzt 😊.

Jlona:

Ich habe den Eindruck, dass du das bereits sehr gut verinnerlicht hast!

Vielen herzlichen Dank Juliette für den Chat! Schade, ist das Projekt jetzt abgeschlossen aber wer weiss, vielleicht haben wir ein andermal wieder eine Gelegenheit, ein cooles Projekt miteinander zu machen.

Juliette:

Darauf kannst du wetten – und ich freue mich schon darauf.