Wie geht user-zentriertes Informationsdesign, wenn unsere Zielgruppe „ALLE“ sind?

Vorab: Nein, wir müssen nicht verschiedene, massgeschneiderte Varianten für die jeweiligen Usergruppen entwickeln (und pflegen…). Und wir müssen auch kein «magisches Tool» entwickeln, das auf Basis von künstlicher Intelligenz (what else 😉) das Unmögliche möglich macht.

Aber: Ja – es ist knifflig. Wenn wir aber zunächst mit einem «human-zentrierten» Design starten und erst in einem zweiten Schritt die Bedürfnisse der jeweiligen «Usergruppen» berücksichtigen, ist es machbar.

„Für uns bitte einmal das magische Tool“

In einem Unternehmen richten sich Weisungen meistens an alle Mitarbeitenden. Oder denken wir an Verträge und allgemeine Geschäftsbedingungen: Sales, Management, Delivery, Produktmanagement, Controlling, Billing, Einkauf, Service Management und viele mehr sollten sie verstehen und umsetzen. Und das sowohl auf Lieferanten- als auch auf Kundenseite. (Zumindest dann, wenn wir uns endlich von der Vorstellung lösen, dass Verträge nur für Anwält:innen und Gerichte relevant sind).

Es müssen also Menschen mit den unterschiedlichsten Rollen, Problemstellungen, Ausbildungen, Vorkenntnissen und Erfahrungen mit den für sie relevanten Inhalten bedient werden können. So tief und so breit wie sie es brauchen.

Unsere – typischerweise sehr userzentriert denkenden – Kund:innen kommen deshalb oft bereits mit Ideen zu unterschiedlich und für die jeweiligen Zielgruppen spezifisch aufbereiteten Dokumenten und Tools zu uns.

Oder noch besser: ein digitales und «magisches Tool», das die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Adressat:innen im jeweiligen Moment erkennt, die relevanten Informationen automatisiert anzieht, filtert und genauso aufbereitet, wie erwünscht und benötigt…

Auch wenn künstliche Intelligenz in Zukunft wohl vieles bewältigen kann – wir glauben (heute) nicht daran, dass wir die Entwicklung eines solchen Tools noch erleben werden. Und selbst wenn, wird es aufgrund des hohen Informationsbedarfs aus Datenschutz-Sicht schwierig werden…

Wie also kriegen wir trotzdem ein user-zentriertes Informationsdesign «für ALLE» hin?

Fokus auf „Menschen“: human-centered statt user-centered

Unsere Adressat:innen sind in allererster Linie «Menschen». Wir alle haben unsere Eigenheiten und Bedürfnisse im Umgang mit Informationen. Und glücklicherweise sind diese für einen Grossteil unserer Spezies sehr ähnlich.

Erst in einem zweiten Schritt werden wir «Menschen» zu «Usern» mit individuellen Fragestellungen, Vorkenntnissen, Erfahrungen und Vorlieben.

Wenn wir also nicht für spezifische Usergruppen designen können und wollen, konzentrieren wir uns zunächst doch einmal auf die Bedürfnisse von „Menschen“.

Wie suchen Menschen nach Informationen? Wie funktioniert ihre Wahrnehmung? Wie verarbeiten sie Informationen? Was motiviert sie dazu, unsere Informationen zu verarbeiten? In welcher Form könnten die Informationen benötigt werden? Wie können wir Informationen so ordnen, organisieren und bündeln, dass ihre Tiefe und Breite dem jeweiligen, individuellen Wissensstand entspricht? Dass sie auch bei unterschiedlichen Bedürfnissen und Fragestellungen gefunden werden? Wie bleiben unsere Informationen hängen? Wie stellen wir sicher, dass sie auch in unterschiedlichem Kontext verfügbar sind? Und so weiter und so fort…

Machen wir uns doch in einem ersten Schritt diese Überlegungen. Und dann suchen wir die passenden Antworten durch Beobachtung, Tests und all das bereits vorhandene Wissen aus den relevanten Disziplinen.

Damit kommen wir dem Ziel bereits einen grossen Schritt näher. Trotzdem dürfen wir aber die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Usergruppen nicht aus den Augen verlieren, womit wir uns aber erst im nächsten Schritt beschäftigen.

Validierung des „Designs für ALLE“ und user-zentrierte Anpassungen

Sobald wir eine einigermassen solide Basis eines entsprechenden «Designs für ALLE» haben, empfiehlt es sich deshalb, dieses mit Vertreter:innen der jeweiligen, vorgängig sauber evaluierten Usergruppen zu validieren. Spielen Sie verschiedenste user-zentrierte Use Cases durch und prüfen Sie, ob das Design für ALLE funktioniert. Nehmen Sie dann die noch nicht erfüllten Bedürfnisse auf.

Sofern die Grundlagen des human-zentrierten Designkonzepts stimmen, lassen sich in der Regel auch noch spezifische Bedürfnisse gewisser Usergruppen durch Anpassungen oder Erweiterungen realisieren. Auch ohne die Funktionsfähigkeit «für ALLE» aufzugeben.

User-zentriertes Informationsdesign für „ALLE“ ist zwar knifflig, aber durchaus möglich.