Informationsvermittlung in Compliance Themen: let’s face reality

Sie haben keine Mühen und Kosten gescheut, ein massgeschneidertes und für die Mitarbeitenden möglichst attraktives und unterhaltsames E-Learning zu erstellen? Oder Sie haben auf Basis einer aufwendigen Marktrecherche die passendste und interaktivste Online Schulung für Ihre Mitarbeitenden eingekauft und eingeführt? Und trotzdem: Sie haben den unbefriedigende Verdacht oder angesichts der wiederkehrenden Anfragen und Probleme sogar den Beweis dafür, dass die Mitarbeitenden trotzdem nicht wissen, wo das Problem liegt und wie sie sich in einer relevanten Situation richtig verhalten sollen?

90 % haben 85 % richtig beantwortet

Aber wie ist das möglich. In der jährlichen Durchführung haben 90 % der Mitarbeitenden 85 % der Kontrollfragen richtig beantwortet. Die Geschäftsleitung, der Verwaltungsrat und das Risk Management sind zufrieden, die Audits bestanden. Das Feedback der Mitarbeitenden war dank Wettbewerben, bunten Animationen, Graphiken und audiovisuellen Inhalten ebenfalls positiv.

Haben Sie schon einmal ein paar Wochen nach der Durchführung des E-Learnings denselben Mitarbeitenden dieselben Kontrollfragen gestellt und die Erfolgsquote neu berechnet? Oft schaffen es die aufwendig und liebevoll aufbereiteten Inhalte offensichtlich nur – aber immerhin – bis ins Kurzzeitgedächtnis. Aber dank E-Learnings zaubern Sie bei der Erwähnung von Themen wie Datenschutz, Antikorruption, Geldwäscherei, Kartellrecht, Exportkontrollen oder Produktsicherheit wenigstens nicht mehr die Zeichen kompletter Ratlosigkeit in die Gesichter Ihrer Mitarbeitenden.

Was können wir von E-Learnings erwarten?

Informationsvermittlung/Wissenstransfer in Compliance Themen ist einer der wesentlichsten Eckpfeiler einer wirksamen Prävention. Nur wenn die Mitarbeitenden eine Compliance relevante Situation erkennen und wissen, wie sie sich korrekt verhalten müssten, können wir unnötige, durch Nichtwissen verursachte Verstösse vermeiden. Es verbleibt genug Arbeit damit, vorsätzlich geschaffene Probleme zu entdecken, zu vermeiden bzw. zu korrigieren.

Die grundlegende Voraussetzung dafür ist zunächst einmal, dass das Thema verstanden, die dafür notwendige Aufmerksamkeit und Motivation geweckt sowie Orientierung in den Themen geboten wird. E-Learnings decken diese Voraussetzung in der Regel gut ab. Auch wenn sie manchmal schon fast die Grenzen der Reizüberflutung überschreiten.

Müssen wir aber nicht die Synapsen so aktivieren, dass alle diese Themen und Vorgaben im Langzeitgedächtnis landen und dauerhaft verinnerlicht werden? Nein, das glauben wir nicht. Auch wenn es sich um sehr wichtige Themen für das Unternehmen, das Management und natürlich auch die Mitarbeitenden selbst handelt: wir können und müssen nicht erwarten, dass die Mitarbeitenden soviel Zeit und Mühen in das Pauken von diesen detaillierten Compliance Vorgaben stecken, bis sie schon fast reflexartig angewendet werden können. Ihre Mitarbeitenden müssen noch viele weitere Anforderungen erfüllen, die aus Unternehmenssicht für ihre Aufgaben und Rollen genauso wichtig sind.

Lohnen sich denn Aufwand und Kosten solcher Schulungen überhaupt? Ja definitiv. Ohne können Sie die Anforderungen Ihres Managements, VR und Auditoren nicht erfüllen. Und andererseits brauchen Sie die Aufmerksamkeit, Motivation und das Verständnis Ihrer Mitarbeitenden für das Thema. Darüber hinaus machen Sie aber auch den Mitarbeitenden die Schulung so angenehm und unterhaltsam wie möglich und senden mit Ihren Bemühungen die Botschaft, dass Ihnen das Thema, aber auch Ihre Mitarbeitenden wichtig sind. Eine andere Frage ist, wie viel Spielraum Sie allenfalls in der Detailtiefe und der Menge der «Gadgets» haben, um Ihre eigentlichen Ziele mit weniger Aufwand und Kosten zu erreichen.

Bei realistischer Erwartungshaltung gibt es also keinen Grund, über die «Flüchtigkeit» solcher E-Learnings frustriert zu sein. Und solange die Auditoren sich mit dem Kreuz «jährliche Schulung durchgeführt» begnügen, müssen Sie sich zumindest in dieser Hinsicht keine Sorgen machen. Fraglicher ist allenfalls, ob aus strafrechtlicher Sicht derselbe Massstab angelegt wird.

Was können wir stattdessen tun, um eine wirksame Prävention zu erreichen?

Auf dem harten Boden der Realität gelandet, müssen wir uns also überlegen, wie wir trotzdem sinnvoll und wirksam die Mitarbeitenden befähigen. Und zwar dann und in der Form, wie es im Alltag effektiv benötigt wird.

«Wie könnten wir Informationen und Wissen zu Compliance Themen so aufbereiten und vermitteln, dass die Mitarbeitenden in den relevanten Situationen rasch und effektiv die richtigen Entscheidungen treffen können, um eine wirksame Compliance Prävention zu erreichen?»

Mit dieser Design Challenge, konkret im Thema Datenschutz, beschäftigen wir uns nun seit einiger Zeit und sind in der Entwicklung eines Prototypen.

Unsere wesentlichsten (momentanen) Erkenntnisse sind:

  1. Weisungen wie wir sie heute kennen, eignen sich nicht für eine anwendungsorientierte, rasch und effektiv nutzbare Informationsvermittlung.
  2. Wenn wir Weisungen so designen, dass sie sich (nebst Abdeckung der übrigen Anforderungen) an diesem Zweck, Kontext und den Adressaten ausrichten, kommen wir dem Ziel bereits einen Riesenschritt näher.
  3. Um dem Ziel aber so nahe wie möglich zu kommen, müssten wir die Möglichkeiten eines «digitalen (push and pull) Informationssystems bzw. -portals» für Compliance Themen nutzen. Dieses sollte mit den Inhalten und Zielen der Elemente E-Learnings (bzw. Schulungen generell) und Weisungen/Ausführungsrichtlinien abgestimmt sein.
  4. Ein solches «Informationssystem» bietet mit geschickter Umsetzung sogar realistische Chancen dafür, das Langzeitgedächtnis mit den anwendungs- und kontextrelevanten Inhalten zu füttern.

Wie geht es weiter?

Die Umsetzung dieser Einsichten ist im Moment noch wenig greifbar. Aber wir glauben, eine Lösung gefunden zu haben, die alle wesentlichen Anforderungen und Rahmenbedingungen unserer Design Challenge erfüllt. Falls unsere Designentscheidungen noch mehr kritischen, externen Blicken standhalten, können wir Ihnen in den nächsten Wochen/Monaten vielleicht aufzeigen, warum wir uns – schon fast zu sehr – in unseren Lösungsansatz verliebt haben.

Und sonst haben wir auf jeden Fall viel dazu gelernt..

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Sie können unsere Überlegungen nachvollziehen und interessieren sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt für unseren Lösungsansatz bzw. die Design Challenge? Sie als Data Protection Officer eines Unternehmens wären auf Basis Ihrer eigenen Erfahrungen dazu bereit, uns aus Interesse am Thema Feedback zu unseren Lösungsansätzen und Design Entscheidungen zu geben? Dann würden wir uns sehr über Ihre Kontaktaufnahme über connect@legalbydesign.ch freuen!