Monkey Business - stock.adobe.com

Warum Verträge und Weisungen ermüden, langweilen und nerven – und wie Designfehler dazu beitragen: Teil 2/3

Die Folgen langweiliger Dokumente

Wer kennt das nicht: Wir nehmen uns Zeit und suchen uns eine ruhige Umgebung, um ein Dokument aufmerksam und sorgfältig zu lesen.

Um am Ende zu realisieren, dass wir bestenfalls nur eine sehr vage Ahnung davon haben, was wir gerade gelesen haben – und dass wir eigentlich nochmals von vorne anfangen müssten. Oder wir werden schon auf den ersten beiden Seiten kribbelig, springen rasch von Absatz zu Absatz und irgendwann blättern oder scrollen wir das Dokument nur noch durch – in der Hoffnung, doch noch relevante und interessante Inhalte zu entdecken.

Wir haben also gerade unsere Zeit und Energie wegen langweiligen Dokumenten verschwendet.

Wenn es um unsere Ferienlektüre geht, ist das enttäuschend. Frustrierend wird es aber, wenn es sich um Verträge und Weisungen handelt, die für unsere Arbeit eigentlich wichtig wären oder die wir sogar unterzeichnen müssten.

Die Anwender werden heute leider regelmässig in ihrer Erwartung bestätigt, ihre Zeit und Energie mit langweiligen Verträgen und Weisungen zu verschwenden. Die meisten Menschen kostet es deshalb grosse Überwindung, solche Dokumente aufmerksam und sorgfältig zu lesen. Kein Wunder, wenn sie sich manchmal bewusst oder unbewusst dafür entscheiden, ihre limitierte Aufmerksamkeit und Zeit für andere Aufgaben einzusetzen.

Was also können wir gegen die Frustration der Mitarbeitenden, die Ressourcenverschwendung innerhalb des Unternehmens und die Risiken nicht gelesener Verträge und Weisungen tun?

Trostlosigkeit by Design, Dead by Definitions und Lost in Context

Dokumente werden dann bewusst und mit Interesse gelesen, wenn sie die Aufmerksamkeit des Lesers wecken und es auch schaffen, diese bis am Schluss aufrecht zu erhalten. Verträge und Weisungen tragen heute leider nicht viel dazu bei, dieses Ziel zu erreichen. Häufig schaffen sie es sogar, auch den aufmerksamsten Leser zu vergraulen.

Drei kleine, aber sehr verbreitete Beispiele solcher Designfehler:

Trostlosigkeit by Design

Es gibt viele Möglichkeiten, sich die Aufmerksamkeit der Leser zu holen. Aber klar ist – so unattraktiv, monoton und trostlos wie konventionelle Verträge und Weisungen daherkommen, funktioniert es garantiert nicht.

Einige Unternehmen mögen ein Interesse daran haben, dass ihre Verträge und deren Inhalte der Aufmerksamkeit ihrer Kunden und Lieferanten entgehen. Aber in vielen anderen Fällen, insbesondere natürlich auch bei Weisungen, ist eine solche «Trostlosigkeit by Design» kontraproduktiv.

Dead by Definitions

Nicht selten wird der Leser bereits auf den ersten Seiten eines Vertrages oder Weisung mit kontextlosen Begriffsdefinitionen erschlagen. Anstatt sich auf eine Handvoll unumgängliche und nicht allgemein bekannte Fachbegriffe zu beschränken, wird häufig ein komplettes, vertrags- bzw. weisungsspezifisches Sprachsystem mit Verwendung von Begrifflichkeiten aus dem allgemeinen Sprachgebrauch kreiert.

Lost in Context

Weisungen beginnen oft mit Aufzählungen aller erlassenden und genehmigenden Instanzen, Vernehmlassungsstellen, Änderungsnachweisen mit Personen, Datum und Versionen, der Weisung zugrunde liegender Delegationsnormen, Ausführungsnormen und weiteren referenzierten Dokumenten. Die Autoren versuchen damit, den Adressaten Kontextinformationen zu geben.

Für einige solcher Informationen gibt es formelle Gründe. Und einige wenige Leser interessieren sich tatsächlich dafür. Aber die grosse Mehrheit der Adressaten kann mit diesen Informationen nichts anfangen. Der Inhalt ist für den konkreten Zweck und den spezifischen Kontext irrelevant.

Und falls dann anschliessend noch «Dead by Definitions» folgt, wird es wirklich schwierig, die Aufmerksamkeit des Lesers für den wirklich wichtigen Teil des Dokumentes wieder aufzubauen.

Die Problemfindung ist schwieriger als die Lösungsfindung

Es gibt noch viele andere Designprobleme, die es den Lesern von Verträgen und Weisungen sehr schwer machen, sich auf die wesentlichen Inhalte zu konzentrieren. Die Lösung ist oft einfach umsetzbar, sobald man das Problem erkannt hat. Das Problem und seine Ursachen aber überhaupt zu erkennen, ist meistens der viel schwierigere Teil.

__________________

Wünschen Sie sich Unterstützung bei der Analyse oder Lösung von Designproblemen in Ihren Verträgen oder Weisungen? Kontaktieren Sie uns – wir unterstützen Sie gerne dabei, mit Ihren Dokumenten die Aufmerksamkeit Ihrer Adressaten zu wecken und zu halten!

Der nächste Teil meines Beitrags wird sich um die Frage drehen, warum Verträge und Weisungen sogar nerven können (Teil 3).